Urlaub, Ruhe und Ernährung der Stars in der Off-Season: eine Spurensuche im Herzen einer unverzichtbaren Pause
Im modernen Profitennis hat der Begriff Saison fast jede Bedeutung verloren.
Offiziell zieht sich das Wettkampfjahr über fast elf Monate hin, geprägt von rund dreißig großen Turnieren, Show-Events, Mannschaftswettbewerben und einer nahezu ununterbrochenen Abfolge interkontinentaler Reisen.
Für die Spielerinnen und Spieler der ATP- und WTA-Tour bedeutet der Kalender einen permanenten Druck – körperlich, mental und logistisch.
In diesem Kontext ist die Off-Season, die auf höchstens ein paar Wochen geschrumpft ist, längst keine einfache Klammer mehr zwischen zwei Sportjahren. Sie ist zu einem zentralen Hebel für Leistung, Langlebigkeit und Verletzungsprävention geworden.
Weit entfernt vom Laissez-faire vergangener Zeiten wird diese Phase heute mit fast chirurgischer Präzision geplant, strukturiert und betreut. Ruhe, Abschalten, schrittweiser Wiedereinstieg, angepasste Ernährung: Jedes Detail zählt.
Anhand von prägenden Figuren des zeitgenössischen und jüngeren Tennissports – von Roger Federer über Rafael Nadal, Novak Djokovic und Andy Murray bis hin zur neuen Generation um Carlos Alcaraz und Jannik Sinner – untersucht dieser Beitrag, wie die Off-Season auf höchstem Niveau gelebt, organisiert und genutzt wird.
Ein auszehrender Kalender und Körper unter Daueranspannung

Die Profitour wird von Fitnessexperten regelmäßig als eine der anspruchsvollsten im Individualsport bezeichnet.
Matches können mehr als vier Stunden dauern, mitunter folgen in derselben Woche mehrere kräftezehrende Partien aufeinander – auf unterschiedlichen Belägen und unter extremen klimatischen Bedingungen.
Hinzu kommen Jetlag, mediale Verpflichtungen und das Fehlen einer echten Winterpause, wie sie in anderen Sportarten üblich ist.
In diesem Umfeld sind sich Spezialisten für Athletiktraining und Sportmedizin in einem Punkt einig: Eine zu kurze oder schlecht gemanagte Off-Season erhöht das Risiko für Verletzungen, chronische Ermüdung und Leistungsabfall erheblich.
Studien zur Regeneration bei Spitzensportlern betonen die Bedeutung echter Erholung – sowohl muskulär als auch nervlich – nach einer langen, intensiven Saison. Genau aus diesem Grund gliedern die meisten Spieler ihre Off-Season heute in mehrere klar definierte Phasen.
Abschalten, um stärker zurückzukommen: Entkoppelung als erste Etappe
Die erste Phase ist oft eine nahezu vollständige Auszeit, die zehn Tage bis zwei Wochen dauern kann. In dieser Zeit bleibt der Schläger in der Tasche, intensive Trainingseinheiten werden ausgesetzt, und das Ziel besteht vor allem darin, mit den Automatismen des Wettkampfs zu brechen.
Dieses Abschalten ist nicht nur körperlicher Natur: Es soll den Geist von permanentem Druck befreien – von zu verteidigenden Ergebnissen, zu haltenden Rankings und zu erfüllenden Erwartungen.
Es folgt eine Phase des allmählichen Wiedereinstiegs, in der die körperliche Arbeit schrittweise wieder aufgenommen wird, mit einem Schwerpunkt auf dem Wiederaufbau von Ausdauer, Kraft und athletischen Grundlagen, bevor das Training wieder spezifischer auf Tennis ausgerichtet wird.
Federer, Nadal, Djokovic, Murray: vier Legenden, vier Vorstellungen von Ruhe

Bei den größten Figuren der Tour hat sich dieser Ansatz im Laufe der Jahre als Selbstverständlichkeit etabliert. Roger Federer etwa hat häufig erklärt, dass eines der Geheimnisse für die Langlebigkeit seiner Karriere in seiner Fähigkeit lag, diese Pausen zu respektieren.
Während der Off-Season erlaubte sich der Schweizer bewusst eine gewisse Lockerheit, auch in ernährungsbezogener Hinsicht. Er erzählte mehrfach, dass er diese Phasen nutzte, um freier zu essen, ohne Kalorienzählen – mit Keksen, Fondue oder Desserts, mitunter mehrere Tage hintereinander.
Dieses Loslassen wurde keineswegs als Gefahr betrachtet, sondern war integraler Bestandteil seines persönlichen Gleichgewichts – vorausgesetzt, körperliche Aktivität blieb vorhanden und der Wiedereinstieg ins Training erfolgte mit Ernsthaftigkeit.
Andy Murray wiederum verkörperte einen pragmatischen Ansatz, geformt durch Erfahrung und körperliche Rückschläge. Nach mehreren schweren Operationen, insbesondere an der Hüfte, betonte der Brite immer wieder die Notwendigkeit, auf seinen Körper zu hören.
Seine Off-Season wechselte zwischen kompletter Ruhe, medizinischer Behandlung und angepasster Rückkehr ins Training – mit dem vorrangigen Ziel, seine Gesundheit langfristig zu erhalten. Auch wenn seine Urlaubsziele weniger medienwirksam waren, sind seine Grundsätze im Umgang mit der Off-Season durch zahlreiche Interviews gut dokumentiert.
Rafael Nadal wiederum pflegte stets das Bild des unermüdlich Arbeitenden. Dennoch maß auch er der Erholung außerhalb der Saison große Bedeutung bei. Auf Mallorca ansässig, nutzte er die Off-Season, um in einer vertrauten Umgebung zu bleiben, fernab der Hektik der Tour.
Zwar blieb seine körperliche und ernährungsbezogene Vorbereitung strukturiert, mit einer eiweiß- und kohlenhydratreichen Ernährung, die der Reparatur des Muskelgewebes und der Wiederauffüllung der Energiespeicher diente, doch Nadal machte nie ein Geheimnis aus seiner Vorliebe für einfache Genüsse.
Schokolade etwa wurde vom Spanier häufig als kleine Sünde erwähnt, auf die er auch in Ruhephasen nicht völlig verzichtete.
Ruhe als Lebensphilosophie: Djokovics ganzheitlicher Ansatz

Novak Djokovic schließlich ist ein Sonderfall in der Welt des Profitennis. Sein Verständnis von Off-Season geht weit über den bloßen körperlichen Ruhezustand hinaus.
Er folgt seit vielen Jahren einem überwiegend glutenfreien, häufig pflanzenbasierten Ernährungsplan, der laut den ihn umgebenden Fachleuten Entzündungen reduzieren, die Verdauung verbessern und die Regeneration optimieren soll.
Selbst in seinen Ruhephasen bleibt Djokovic aktiv und bevorzugt sanfte Bewegungsformen wie Schwimmen, Radfahren oder Wandern. Vor allem aber misst er der mentalen und spirituellen Dimension der Erholung einen zentralen Stellenwert bei.
Er hat regelmäßig von seinen Retreats berichtet, insbesondere in Südamerika, bei denen Meditation, Achtsamkeit und die Verbindung zur Natur fester Bestandteil seines Regenerationsprozesses sind.
Seit 2024 ist diese Vision durch seine Rolle als globaler Wellness-Berater für die Resortkette Aman noch sichtbarer geworden.
Im Rahmen holistischer Retreats, die an Orten wie Thailand, Indien, Japan, den USA oder in der Karibik stattfinden, vertritt Djokovic ein Verständnis von Ruhe als globalem Prozess, der Ernährung, Bewegung, therapeutische Behandlungen und Praktiken aus lokalen Traditionen vereint.
Für ihn ist die Off-Season kein bloßer Stopp, sondern eine bewusste Pause mit dem Ziel, Körper und Geist als Ganzes zu regenerieren.
Die neue Generation im Angesicht eines immer dichteren Kalenders

Die neue Generation, konfrontiert mit einem zunehmend dichten Turnierkalender, tut sich mitunter schwerer, dieses Gleichgewicht zu finden. Carlos Alcaraz etwa hat trotz seines jungen Alters bereits öffentlich eingeräumt, wie schwierig es für ihn ist, sich echte Ferien zu gönnen.
Als Weltranglistenerster und ständig gefragter Spieler setzt sich der Spanier offen für eine Entzerrung des Turnierkalenders ein.
Wenn er sich eine Auszeit nimmt, bevorzugt er Ziele, die vor allem mentale und soziale Entspannung ermöglichen. Ibiza etwa ist für ihn nach intensiven Phasen, insbesondere nach großen Turniersiegen, zu einem Ort des Abschaltens geworden.
Aber auch El Palmar in seiner Heimat Spanien, wo er gern Zeit mit Familie und Jugendfreunden verbringt. Diese Aufenthalte erlauben es ihm, sich neu zu erden, den Druck abzubauen und mental frischer zurückzukehren.
Jannik Sinner hingegen verfolgt einen diskreteren, aber ebenso strukturierten Ansatz. Umgeben von einem Team, das der Steuerung der Trainingsbelastung große Aufmerksamkeit schenkt, setzt der Italiener eher auf Phasen der Erholung, in denen Ruhe, Behandlung und schrittweise Wiederaufnahme kombiniert werden, als auf lange vollständige Auszeiten.
Mehrfach wurde er während der Off-Season in den italienischen Alpen gesichtet – ein Umfeld, das Erholung inmitten der Natur ermöglicht, fernab medialer Hektik. Aber auch in Dubai, in den Einrichtungen des von Patrick Mouratoglou geschaffenen Performance-Zentrums.
Ernährung außerhalb der Saison: kontrollierte Lockerheit oder anhaltende Strenge?

Die Ernährungsfrage durchzieht all diese Erholungsstrategien. Entgegen mancher Klischees bedeutet Off-Season keineswegs totale Disziplinlosigkeit.
Forschungen im Bereich Sporternährung zeigen, dass die grundlegenden Bedürfnisse von Athleten selbst außerhalb des Wettkampfs weitgehend gleich bleiben.
Kohlenhydrate bleiben die Hauptenergiequelle zur Aufrechterhaltung der Glykogenspeicher, Proteine sind für die Muskelreparatur unverzichtbar, und hochwertige Fette, kombiniert mit einer ausreichenden Zufuhr an Mikronährstoffen, spielen eine Schlüsselrolle für Homöostase und Regeneration.
Der Unterschied liegt eher in den Mengen, der Verteilung der Nährstoffzufuhr und der zugestandenen Flexibilität. Manche Spieler erlauben sich gelegentliche Ausnahmen, doch diese Freiheit bleibt in der Regel jenen vorbehalten, die ihren Körper und seine Reaktionen sehr genau kennen.
Für die Mehrheit bleibt das Ziel ein langfristig tragfähiges Gleichgewicht ohne extreme Restriktionen, um sowohl die körperliche Form als auch das mentale Wohlbefinden zu bewahren.
Ernährungsmodelle nach Maß: je nach Profil und Körper
Spielerberichte verdeutlichen diese Vielfalt der Herangehensweisen. Djokovic setzt auf eine entzündungshemmende, pflanzenbasierte Ernährung. Federer wechselte zwischen strenger Disziplin und kontrollierter Nachsicht.
Nadal blieb der traditionellen mediterranen Küche verbunden – bei klaren Kenntnissen seiner eigenen Grenzen. Stefanos Tsitsipas fasste diese Realität mit Humor in den sozialen Netzwerken zusammen und hob auf seine Weise die Bedeutung der Makronährstoffe in einer Sportart hervor, in der jedes Detail zählt.
Carlos Alcaraz wiederum erklärte, seine Ernährung angepasst zu haben, ohne einem rigiden Plan zu folgen: mehr Fisch, weniger rotes Fleisch und gelegentlich glutenfreie Pasta vor Matches – stets unter Aufsicht von Fachleuten.
Richard Gasquet hat oft betont, wie wichtig kleine Genussmomente sind, um das psychische Gleichgewicht zu erhalten. Andy Murray schließlich sprach von extrem hohen Kalorienzufuhren während seiner Karriere – bis zu mehreren Tausend Kalorien pro Tag – und räumte ein, dass ihm manche Ernährungsversuche wie glutenfrei nicht lagen.
Die Off-Season als Schlüssel zu nachhaltiger Leistung
All diese Beispiele führen zu einem gemeinsamen Schluss: Auf höchstem Niveau gibt es kein universelles Erfolgsrezept. Ernährung ist – wie Ruhe – ein Leistungsinstrument, das an die individuelle Person, ihren Stoffwechsel, ihre Geschichte und ihre Belastung angepasst werden muss.
Die Off-Season, lange Zeit als bloßer Übergang zwischen zwei Jahren betrachtet, etabliert sich heute als tragende Säule nachhaltiger Leistungsfähigkeit. Im immer anspruchsvolleren Profitennis entscheiden diese wenigen Wochen der Ruhe oft über den Erfolg der folgenden Monate.
Anhand der Wege von Federer, Nadal, Djokovic, Murray, Sinner oder Alcaraz zeichnet sich eine komplexe Realität ab, geprägt von fragilen Gleichgewichten, ständigen Anpassungen und zutiefst persönlichen Entscheidungen.
Über das Tennis hinaus ließe sich diese Betrachtung auf andere Sportarten mit langen Saisons ausweiten, etwa Golf, Radsport oder Triathlon. Ein Vergleich der Strategien in Regeneration und Ernährung in diesen Disziplinen könnte ein wertvolles Licht auf die engen Verbindungen zwischen Ruhe, Ernährung und nachhaltiger Leistung im Spitzensport werfen.
Urlaub, Ruhe und Ernährung der Stars in der Off-Season: eine Spurensuche im Herzen einer unverzichtbaren Pause
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Besondere Grüße von Sophia und Sascha!
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