Ich war so gestresst und krank, dass ich keinen Appetit mehr hatte" – Thiems Zeugnis über seine Depression nach den US Open

Mit 0:2 gegen Zverev im Finale der US Open 2020 zurückliegend, setzte sich Thiem schließlich in fünf Sätzen durch (2:6, 4:6, 6:4, 6:3, 7:6) und holte sich damit seinen ersten Major-Titel. Ein wichtiger Sieg für ihn, der ihn jedoch anschließend in eine tiefe Depression stürzte. Im Podcast "Business of Sports" sprach der Österreicher offen über diese schwierige Zeit.
"Ich war so gestresst und krank, dass ich keinen Appetit mehr hatte. Ich konnte nichts essen, nur Brot und Olivenöl. Während des Turniers habe ich abgenommen, was bei einem Grand-Slam-Turnier nicht wünschenswert ist. Es war eine sehr schwere Zeit.
Im Finale gegen Zverev war ich so nervös, dass ich wie erstarrt war. Ich verlor die ersten beiden Sätze mühelos und dachte, das wäre vielleicht meine letzte Chance. Dann sagte ich mir: 'Du spielst scheiße, aber versuch wenigstens, dich für ein paar Spiele zu behaupten.' Das gab mir eine gewisse Freiheit, und nach und nach kam ich zurück.
Allerdings ging der Erfolg auf dem Platz mit einem privaten Kampf einher, den nur wenige mitbekamen. COVID hat alles verändert. Normalerweise nimmt man nach einem Major an vielen Shows und Interviews teil. Aber diesmal gab es nur Zoom-Anrufe und Quarantäne. Ich hatte gerade das größte Ziel meiner Karriere erreicht, saß aber allein in einem Hotelzimmer. Das Glück war da, aber die Emotionen fehlten."
Der ehemalige Spieler sprach auch über die Einsamkeit, unter der Athleten während einer Saison leiden können, sowie über schwierige Beziehungen zum Team:
"Freundschaften mit anderen Spielern sind nicht wirklich tiefgründig. In der Umkleidekabine spricht man nicht über tiefgehende Dinge, man hält sich an Witze und Smalltalk. Im Fußball ist das anders, da sieht man seine Teamkollegen täglich. Beim Tennis sieht man jemanden eine Woche lang und dann drei Wochen nicht. Die Freundschaften sind oberflächlich.
Was das eigene Team betrifft: Man ist bis zu 45 Wochen im Jahr mit ihnen zusammen. Manchmal hat man einfach genug davon, sie zu sehen. Es ist schwierig, weil man ihnen sehr nahesteht, aber gleichzeitig ist es zu viel. Die ständigen Reisen, das Training und die Wettkämpfe sorgen dafür, dass selbst gemeinsame Momente schnell unerträglich werden können.